IM GESPRÄCH MIT PROF. DR. ERNST-JÜRGEN SCHRÖDER

Reisen bildet und erweitert den Horizont, so sagt man. „Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt. Sieh sie dir an.“, sagte einst Kurt Tucholsky, ein deutscher Journalist und Schriftsteller.

Das Reisen blickt auf eine lange Geschichte zurück – ob zu Fuß, als Reiter mit dem Pferd, in der Kutsche, per Schiff, mit der Bahn, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto. Im Laufe unserer Zeitgeschichte haben sich die Bedürfnisse, die Geschwindigkeit und der Komfort beim Reisen enorm entwickelt. So waren die Reisen im Mittelalter meist religiöser oder wirtschaftlicher Natur. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts entdeckten immer mehr Adelige und vornehme Reiche die Lust an den Bildungsreisen. Häufig schickten sie ihre Kinder auf eine „Grand Tour“ – eine Bildungsreise – quer durch Europa. Zu ihren Reisezielen gehörten Florenz, Rom, Venedig, Wien, Nizza und Paris. Einer der bekanntesten Bildungsreisenden war Johann Wolfgang von Goethe.

Reisen
Richtige Vergnügungs- und Erholungsreisen, so wie wir sie heute kennen, etablierten sich erst im 19. Jahrhundert. Spaß und ungewöhnliche Erlebnisse waren die Ziele. So ging man mit dem Orientexpress nach Istanbul oder mit dem Dampfschiff nach Ägypten. Auch die Zahl der weiblichen Reisenden nahm stets zu, was abgesehen von adligen Damen, zuvor nur selten der Fall war. Zu den bekanntesten Damen unter der damaligen reisenden Bevölkerung gehörte zum Beispiel Agatha Christie mit ihrem literarischen Meisterwerk „Mord im Orientexpress.“ Die Autorin begleitete ihren Mann, der Archäologe war, oft nach Ägypten und in die arabischen Länder.
 
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckten die wohlhabenden Bürgerlichen den Erholungs- und Badeurlaub für sich. Die Reiseziele waren noch recht bescheiden und in Europa stark durch die beiden Weltkriege beeinträchtigt. Ende der 1950er Jahre gab es für die Urlauber keinen Halt mehr. Die Ziele wurden immer exotischer und heute ist in Sachen Reisen und Erleben praktisch alles möglich.
 
Seit den 1990er Jahren haben vor allem zwei große Trends den Tourismus stark durcheinandergewirbelt:

Die Flugpreise sind dank den Billiganbietern – rasant gefallen.

Die Digitalisierung ermöglicht die Reisebuchung online.
Die Trends sind stark nach persönlichen Lebenssituationen und eigenen Bedürfnissen der Reisenden ausgerichtet. Ob rustikal, abenteuerlich, Wellness oder Reisen mit dem Kind – der Massentourismus boomt. Immer mehr junge Eltern trauen sich die Elternzeit für die Reise als frischgebackene Familie zu nutzen und so mehr kostbare Lebenszeit mit ihren Kindern zu genießen. Das ist mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen. Aber geht das auch? Der Gesetzgeber sagt ja: Ein Anspruch auf Elternzeit besteht für jeden Elternteil zur Betreuung und Erziehung seines Kindes bis zur Vollendung seines dritten Lebensjahres. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist für weitere Informationen zuständig. Konkret bedeutet das für Sie, dass Sie in den ersten drei Jahren nach der Geburt des Babys und sogar noch darüber hinaus bis zum achten Lebensjahr Anspruch auf Elternzeit haben. Ihr Anstellungsverhältnis in Deutschland bleibt während dieser Zeit bestehen. Sie können während der Elternzeit als Familie durch die Welt reisen und danach in Ihr bestehendes Arbeitsverhältnis zurückkehren.
 
In der Schweiz dagegen hat nur die erwerbstätige Mutter Anrecht auf 98 Tage (14 Wochen) Mutterschaft. Im Gegensatz zum Mutterschaftsurlaub gibt es keinen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub oder eine Elternzeit.
 
In Frankreich haben beide Eltern Recht auf die Elternzeit bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Die Mutter und der Vater können diesen unter sich aufteilen. In der Praxis sind französische Väter in Elternzeit allerdings eine Rarität. „Es gibt strukturelle und kulturelle Gründe, warum französische Väter ungern in Elternzeit gehen,“ sagt Marie-Thérèse Letablier, Sozilogin an der Sorbonne Université in  Paris. Auch finanzielle Leistungen sind in Frankreich für Eltern weniger lukrativ als in Deutschland.
 
Das Reisen während der Elternzeit ist demnach länderspezifisch bedingt möglich. Online finden Sie zahlreiche Erfahrungsberichte und Tipps von Eltern weltweit, ob bei Instagram #reisenmitbaby, #alleinerziehendreisen oder über Blogeinträge. Eins sei gesagt, es muss nicht immer eine Fernreise sein. Es gibt wunderschöne Reiseziele in Europa, unser Dreiländereck zählt dazu. Entdecken Sie interessante Tipps für Tagesausflüge mit der ganzen Familie.
 
Der Tourismus in der Regio TriRhena gehört zu einer der Zukunftsbranchen. Seit etwa 30 Jahren befassen sich die Verkehrsämter von Basel, Colmar, Freiburg, Mulhouse mit dem EuroAirport damit, die trinationale Region gemeinsam attraktiv zu vermarkten. Unsere Region ist interessant und lässt sich gut in eine Reisekette einbauen, sagt Prof. Dr. Ernst-Jürgen Schröder von der Universität Freiburg, Institut für Geographie und Umweltsozialwissenschaften. Prof. Dr. Schröder hat zahlreiche Projekte in der Regio TriRhena geleitet und mitunterstützt, er ist Experte in diesem Gebiet. Wir haben eine Vielfältigkeit der Kulturlandschaften, geringe Saisonalitäten, einen Währungsvorteil und eine gut geschlossene Infrastruktur. Mit einer Reise lassen sich drei unterschiedliche Länder mit all ihren abwechslungsreichen Territorien abdecken. Dank des EuroAirports lässt sich die Region leicht erreichen, es ist ein interessantes Stop-over-Ziel für Touristen aus Norddeutschland auf dem Weg in den Süden und auch mit dem TGV sind wir schnell in Paris. Eines der wichtigsten künftigen Zugpferde und zugleich Aushängeschild in der Tourismuswirtschaft der Regio TriRhena ist der Europa-Park. Dieser Freizeitpark verkörpert wie keine andere Einrichtung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Tourismus. Seit Ende 2019 dürfen sich die Besucher zudem über die neue Wasserwelt des Europa-Parks erfreuen: Rulantica.
 
Trotz vieler Perspektiven gibt es noch einige Defizite und Hürden zu überwinden, sagt Prof. Dr. Schröder. Hierzu zählen die weltweite Darstellung der Regio TriRhena und die Vermarktung dieser Region als Ganzes nach außen. Auch die Nachhaltigkeit darf bei dem Tourismusboom nicht außer Acht gelassen werden. 2019 durfte alleine die Stadt Freiburg im Breisgau geschätzte 12 Mio. Tagestouristen begrüßen, dieser Trend ist in der ganzen Region spürbar und die Übernachtungszahlen weisen Rekorde auf. Hierbei ist das weltweit ambitionierte „Green-City-Projekt“ ein Vorzeigeobjekt für die Freiburger Stadtverwaltung. Und zu guter Letzt müssen die familiengeführten Betriebe vor allem mit attraktiven Familienangeboten gestärkt werden.
 
Familienferien sind teuer, die gemeinsame Ferienzeit als Familie dagegen unvergesslich, doch nicht jede Familie kann sich das Angebot leisten. Die Regio TriRhena sollte mit ihren zahlreichen kulturellen, medizinischen und naturnahen Angeboten auch für die einkommensschwachen Familien erschwinglich sein.